Donnerstag, 15. Oktober 2009

Schnellspurt zur aktuellen Situation

Da es offensichtlich etwas albern wirkt, wenn ich die ganze Zeit von längst vergangenen Geschehnissen berichte, kürz ich das ganze etwas ab, um schnell wieder up to date zu sein.

Die Reise nach Berlin

Vom Grenzturm aus wandere ich bis Morsleben, von wo aus ich wiederum innerhalb von 2 Tagen über Magdeburg nach Berlin trampe.

Berlin

Am Vorabend ihres Geburtstages klingle ich bei Eva an der Tür und sorge für eine ordentlich gelungene Überraschung. Die nächsten 2 Wochen verbringe ich fast ausschließlich mit und bei Eva. Ich mache, was man in Städten so macht: Herumziehen, lange aufbleiben, lange ausschlafen, trinken ... versacken eben. Obwohl ich irgendwie auch Spaß habe, fühlt es sich nicht ganz richtig an. Demzufolge bin ich auch ganz froh, als ich am 26. September Berlin verlasse, und zwar im Zug Richtung Halle/Saale, wo ich engagiert bin, Desi beim Einzug zu helfen.

Halle - Leipzig - Halle

Von Halle aus besuche ich ein geniales Konzert von Tarentatec und Celan in Jena. Am folgenden Wochenende soll ich wieder bei einem Umzug helfen, der Max zieht nach Leipzig. Ich fahr bereits einen Tag früher und erlebe das noch unglaublichere Konzert von Schnaak und den amerikanischen Kayo Dot. Am Wochenende gibts ein schönes Wiedersehen mit Lukas und Max und eben einen Umzug. Ich bleibe noch ein paar Tage länger bei Max, Max und Florian in der WG, weil es mir bei ihnen, in dieser wundervollen Stadt Leipzig, so gut gefällt. Dann allerdings fahre ich erneut zurück nach Halle, wo mein ganzes Gepäck noch lagert.
Übrigens, in Sachsen-Anhalt beginne ich so richtig mit der Straßenmusik, dem eigentlichen Aufhänger dieser Reise. Ich werde selbstsicherer und besser. Ich hab mich auf einen Stundenschnitt von etwa 10 Euro eingependelt, was ich eigentlich ziemlich in Ordnung finde.
Nun ja, nun reicht es wirklich mit der Seßhaftigkeit, ich bin im Begriff nach Leipzig aufzubrechen, noch einmal bei den Jungs vorbeischauen und dann schnurstracks nach Greifswald...Mal schaun wie lange der Winter braucht um mich zu brechen.

So, nach diesem unmotiviert formulierten Zeitraffer-Blogeintrag hoffe ich, dass jetzt alle zufrieden sind. Der nächste Eintrag wird etwas auf sich warten lassen, denn ich muss erstmal wieder etwas erleben.

Au revoir!

Unterwegs nach Leipzig

Also, wer das Prinzip noch nicht verstanden hat: Die Überschrift eines Eintrages hat nichts mit dem Eintrag selbst zu tun, sondern lediglich mit dem Ort des Geschehens. Im folgenden Text geht es also weder um Halle noch um Leipzig. "Unterwegs" passt, aber das war es dann auch schon.

Wir schreiben also Samstag, den 5. September 2009. Ich erreiche Lehndorf, Braunschweigs ersten Vorort gegen 12:15 Uhr. Irre weiter durch Bezirke Braunschweigs und konstatiere: "Wenn sich hier nicht irgendwo noch eine Altstadt verbirgt, ist Braunschweig abgrundtief hässlich" Es gibt aber eine Altstadt, in der ich am Nachmittag Gregor Gysi bei einer Wahlkampfveranstaltung höre. Hier lerne ich auch Daniel, einen Skinhead aus Königslutter und Becks, einen Braunschweiger Punker kennen. Gemeinsam mit Becks erforsche ich also Braunschweig bei Nacht, wir gehen zum Abschiedskonzert der "Tanzenden Kadaver" und trinken Bier. Ich darf auf dem Bauwagenplatz, auf dem auch Becks wohnt, im Gästewagen übernachten.

Hier bleibe ich zwei Nächte (durgehend fürchterliches Wetter!), um am 7. September, einem Montag, wieder aufzubrechen. Um kurz nach 10, kurz hinter Braunschweig, raste ich ein erstes Mal und verspeise ein mäßig leckeres Laugenbrötchen. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau, ich schwitze wie bekloppt. Endlich erreiche ich einen schattigen Wald.

Nach einiger Zeit des Wanderns habe ich ordentlich schlechte Laune, da ich gezwungenermaßen nach Norden marschiert bin. Das Gepäck nervt, ich habe Hunger und nichts zu essen, Schmacht, und keine Zigaretten. Fürchterlich. Ich sitze an der Autobahnausfahrt Scheppau und habe keine Lust mehr. Die Sonne knallt als gäbs kein Morgen mehr.

Irgendwann komme ich in Bornum an und raste auf dem Friedhof. Die Friedhöfe sind meine liebste Heimat. Ruhe, frisches Wasser, die Verbindung zwischen Natur und Gesellschaft und das gleichzeitige Eintauchen in die vielleicht persönlichste Geschichte des Ortes. Dies scheint eine junge Gemeinde zu sein. In Bornum ist noch viel Platz zum Sterben.

Nach einem Gewaltmarsch erreiche ich Königslutter am Elm, wo ich hoffe, den gestern kennen gelernten (grammatikalische Abgründe tun sich auf - mir solls recht sein) Daniel erreichen zu können. Tja, Fehlanzeige.
Der Mond ist aufgegangen und klebt dick und golden über Königslutter, der Stadt, die mich enttäuscht hat. Kein Daniel, keine Bahnhofsmission (zumindest nicht am Bahnhof), keine Bleibe. So liege ich denn matt, mit schmerzenden Gliedern und Füßen auf einer kleinen Grünfläche nebenden öffentlichen Toiletten am Bahnhof... Vielleicht hätte ich gern einen Hund.
Später schlafe ich im Park hinter einer katholischen Kirche.

Der nächste Tag ist Tag 26 meiner Reise, ein Dienstag. Ich habe vor, heute die deutsch-deutsche Grenze zu erreichen, beziehungsweise, rein in die DDR. Schnell erreiche ich Helmstedt, nachdem mich ein freundlicher, autoteileausliefernder Rentner aufsammelte und ein Stück mitnahm. Nun sitz ich unter einem Baum, freue mich auf mein ungesundes Frühstück (Cola light und Schokolade von LIDL) und fertige eine nutzlose Liste mit Pro- und Kontra-Argumenten zu Ausbildung und Studium an. Ergebnis: Unentschieden. Na toll.

Gehe von Helmstedt nach Bad Helmstedt, von wo aus ich wiederum einem designierten Wanderweg folge und an einer total verfallenen Hütte ankomme. Es hängen noch alte Plakate dran. "Was tun, wenn der Wald brennt" und "Folgen des Waldsterbens"
Waldsterben. Auch so ein Begriff, der sich überdauert hat. Kann mir schwer vorstellen, dass das Problem nicht mehr existiert. Bloß das Interesse.

Nach mehr und mehr ziellosem Herumirren im Wald stoße ich auf eine Schnellstraße, exakt an der Grenze vom Landkreis Helmstedt zum Landkreis Börde. Bin ich in die DDR gekommen, ohne es zu merken? Das wäre eine schöne Symbolik für ein wieder vereinigtes Land...
Ich dreh mich nach links und sehe einen verfallenen Grenzturm. Hehe. Das wars dann wohl, obwohl dem Turm auch eine gewisse Symbolkraft inne wohnt. Er ist total kaputt, alle Fenster sind zerschlagen. Ich mache Fotos und Pause.



So. Pause auch hier. Jetzt bin ich schon fast up to date. Bis dahin.

Montag, 12. Oktober 2009

Halle an der Saale 2

So, ich muss hier wirklich einiges aufholen, in der Überschrift steht Halle an der Saale und im Text Hannover. Ich fasse mich kurz.

In Hannover bekomme ich also Obdach im Verbindungshaus der Verbindung von Philipp und erlebe prompt einen unvergesslichen Abend mit (in erster Linie) Bier, aber auch einer sogenannten Spontankneipe samt Schärpen, Degen, Blödsinn, Studentenliedern aus alten, viel viel besseren Zeiten und so weiter.

Am 2. September, nach drei Nächten in Hannover mache ich mich wieder auf die Socken. Leider etwas zu spät und etwas zu langsam, sodass ich es nicht schaffe, Hannover zu verlassen und im Gebüsch um einen stillgelegten Steinbruch abseits des Gewerbegebietes nächtige.

Ich erwache erstaunlich ausgeruht. Kurz vor Lehrte pausiere ich aus Kotgründen und registriere, dass der Herbst einsetzt. Ungemütlich.
Ich beginne, zu vereinsamen. Beim stundenlangen Wandern durch das flache Niedersachsen und seine Maisfelder bleibt mir Zeit für die dümmsten und klügsten Gedanken. Alles beginnt, gleich auszusehen. Alles beginnt, sich gleich anzufühlen. Ein Trott, dem ich mit gutem Willen begegne, den ich aber freudlos ausführe. Kann es nicht erwarten, endlich in Berlin anzukommen. Nach der guten Erfahrung des Trampens nach Hannover ist die Versuchung nach Berlin zu trampen groß, aber ein letzter Rest Ehre sträubt sich in mir. Es geschieht nichts.

Ich beginne mit Planungen für meinen späteren Garten. Ja, neben den Ideen Bauwagen und/oder Hausboot möchte ich auch einen Garten. Er soll aus einem Obst-, einem Gemüse- einem Kräutergarten bestehen. Obstsorten könnten sein: Apfel (eine bißfeste, weiße Sorte), Pflaumen, vielleicht eine Birne, Brombeeren natürlich, aber auch Erdbeeren und Himbeeren, Weintrauben wären toll und vielleicht ein Kirschbaum. Der Gemüsegarten enthielte dann Tomaten, Zwiebeln (am liebsten die roten), Kartoffeln, Bohnen und Salat. Mais nicht. Ich kann keine Maispflanze mehr sehen, ich sehe ja jeden Tag Tausende. Der Kräutergarten wiederum würde beinhalten: Schnittlauch natürlich, Petersilie, Basilikum, Dill, Thymian, Minze, (Zitronen)Melisse und Rosmarin vielleicht. Oder Salbei. Ich hab natürlich überhaupt keine Ahnung vom Gärtnern und Pflanzen, bin nur inspiriert von den Obstgärten, die ich so passiere, und aus denen ich mir immer Äpfel, Pflaumen und Birnen mopse. Außerdem hatte ich auch keine Ahnung vom Wandern, bevor ich los bin und das klappt ja ganz gut.

Ich nächtige im Hainwald in Hämelerwald und erwache am nächsten Morgen ebenda. Kaum noch Wasser, kaum Brot, kaum Geld. Heute will ich mindestens bis Peine (noch 14 km), noch lieber so weit, dass ich schon morgen in Braunschweig sein kann (noch 41 km)
Gegen 11 Uhr morgens erreiche ich Peine und stille meinen Hunger mit 2 Äpfeln aus einem der vielen Gärten. Nehme mir zwei weitere Äpfel für später. Alles, was mir zu meinem Glück noch fehlt, ist ein Wasserhahn. Hoffentlich gibts hier einen Friedhof.
Erreiche Peine Innenstadt und bin erstaunt: Ein schönes Städtchen! Ich scheine bedürftig auszusehen und bekomme von ebenfalls bedürftig aussehenden Menschen 3 Euro zugesteckt. Juhu! Ich kaufe mir Wasser und Brot. Lecker lecker. Der Bäcker Seidel aus Peine backt sehr leckeres Brot.

Den Rest des Tages verbringe ich mit Wandern und Denken (führt zu nix - deprimierend!) bist ich es mir in einer kleinen Laube im Wald von Fürstenau "gemütlich" mache. Es sieht nach Regen aus.

Ich erwache, es ist Samstag, der 5. September. Innerhalb kürzester Zeit (4 Stunden) marschiere ich trotz des Mistwetters zügig entlang der B1 nach Braunschweig.

Hier endet dieser Eintrag, ich habe Hunger. Man goutiere jedoch meinen guten Willen mit dem Blog irgendwann wieder aktuell zu sein. Mucho amore, bis bald!