Freitag, 18. September 2009

Berlin die Zweite

Ok, ok, ich gebs zu, die Sache mit den Hochlandrindern war ein bißchen übertrieben, ich wollte ja, dass ihr dabei bleibt. Es war nur eins und gekämpft haben wir auch nicht, ich wollte, aber das Rind stand desinteressiert auf der Weide und käute wieder. Ist wahrscheinlich auch erfüllender als sich mit unrasierten Exil-Städtern zu kloppen.

Wo wären wir? Osnabrück, immer noch. Bevor ich zur zweiten Nacht komme, muss ich zunächst eine Begegnung nachtragen. Der erste Osnabrücker, den ich treffe, ist ein versoffener Obdachloser. Das sind sowieso eigentlich immer die ersten, die man trifft, respektive mit denen man sich (gewollt oder ungewollt) unterhält. Sie sitzen einsam auf Bänken, trinken Billig-Bier und rauchen Selbstgedrehte ohne Filter. Freundlich sind sie eigentlich immer, seltsam auch. Mein Osnabrücker "Freund"hieß - glaube ich - Siggi und arbeitet einst als Alleinunterhalter mit seinem Schifferklavier. Heute macht er Straßenmusik mit der Mundharmonika. Beneidenswert gut übrigens. Er lebt auf der Straße, ohne Geld, sogar sein Schifferklavier haben sie ihm abgenommen. Und warum? Wegen Howard Carpendale und den Flippers. Für die habe er nämlich Songs geschrieben, damals, und sie hätten ihn bestohlen. Klingt so bescheuert, dass ichs fast glaube. Oder ich hab den armen Kerl falsch verstanden, genuschelt hat er nämlich auch ganz schön.

Die zweite Nacht in Osnabrück verbringe ich in einem Backpacker-Hostel, von dessen Besuch ich jedem in aller Form abraten möchte. Sauber und freundlich ist es, sicherlich. Aber leider überteuert. Und ich muss noch 3 Euro extra für Bettwäsche bezahlen, weil der Schlafsack angeblich die Matratze zerstöre. Aha, aha. Halte ich für Quatsch. Vor allem dann, wenn die Matratze so aussieht, als könne da nicht mehr viel zerstört werden. Ein Stück Schaumstoff, umgeben von löchrigem Leinen. Das sollen Schlafsäcke gewesen sein? Ich weiß nicht. Also: Die Moral von dem Bericht: In Osnabrück lohnts Hostel nicht!

Ei ei ei, das mit dem Reimen lass ich lieber.

Am Freitag, den 28. August 2009 verlasse ich Osnabrück. Es regnet in Strömen. Richard, ein freundlicher Ergotherapie-Azubi liest mich kurz hinter Belm auf und fährt mich ein paar Kilometer weiter, bis etwas hinter Ostercappeln. Es hört auf zu regnen und ich laufe etwa 3 Stunden lang im Kreis. Auf diese schmachvolle Erfahrung möchte ich hier nicht weiter eingehen. Ich verbringe die Nacht im Wald hinter Hitzhausen.

Mittags werde ich Opfer meiner Gelüste und erstehe von meinem letzten Geld im Edeka in Ostorf eine ungesunde Zwischenmahlzeit bestehend aus Buttermilch, Schokopudding und einem kinder-Country. Das ganze war kostete lediglich 75 cent, war qualitativ aber auch echt das letzte. Bis auf den kinder-Country, der war top.

Nach Wanderung durch Preußisch-Oldendorf und Lübbecke suche ich nach möglichen Schlafplätzen, bis ich schließlich in Nettelstedt fündig werde: Eine offensichtlich nicht fertig gebaute, nun als Schrottabladeplatz dienende, Garage weißt als Inventar unter anderem ein altes, von Motten zerfressendes, nahezu gemütlich wirkendes Sofa auf. Ich mache es mir bequem und versuche zu schlafen. Doch alles sollte ganz anders kommen...

(dramatische Musik!)

Denn bei der Begehung meiner Schlafstätte werde ich beobachtet und errege Mitleid. So kommt es, dass die "treetops" (die sich hier auch bereits als Leser eingefunden haben, hallo!) mir nicht nur eine Nacht auf einer Matratze in richtiger Bettwäsche ermöglichen, sondern ich auch noch einen unheimlich gemütlichen Abend bei Rotwein, Geschichten und Gelächter verbringen darf. Am nächsten Tag bekomme ich außer einem üppigen Sonntagsfrühstück (inklusive "Guten Morgen"-Schnitzerei in der Butter) auch noch Tipps zur Routenplanung in der Region. Also nochmal, vielen Dank für alles, es war super!

Die Routenplanung nehme ich natürlich dankbar an und latsche durchs Moor zum Mittellandkanal. Diesem folge ich, bis ich, wehen Fußes, Minden erreiche.

So, und hier mache ich einen Schnitt, es ist halb eins und in Berlin scheint die Sonne, ich habe einiges vor: Die Bauhaus-Ausstellung, Friedrichshain, außerdem wollte ich Postkarten kaufen. Jaja, es ist ein hartes Leben, liebe Leute. Nie kommt man zur Ruhe!


Servus!

4 Kommentare:

  1. Hallo du!
    Macht es dein hartes Leben leichter, wenn du mir eine Karte von der Bauhaus-Ausstellung schickst??? Die hätte ich auch gerne gesehen...
    Was macht die Kunst? Man hört, dass auf der Brücke vor der theol. Fakultät an der Burgstraße unfähige Osteuropäer den ganzen Tag über ein und dasselbe Lied spielen und das tagelang, weil sie nichts anderes draufhaben.
    Ergreife deine Chance!
    Bis denn dann.

    AntwortenLöschen
  2. Hast du dir schonmal überlegt, dir deinen Blog sponsern zu lassen?
    Nach dem Lesen dieser überaus vergnüglichen Zeilen (ich habe grade viel über meinen Humor gelernt: Am lautesten habe ich bei "brauner Faden" gelacht) habe ich eigentlich nur Hunger auf ein Kinder- Country!
    ... kann auch daran liegen, dass ich eigentlich immer Hunger auf Kinder- Countrys habe!
    Feinste Grüße Kerstin
    P.S.: Ich hoffe Eva hat dir den Kopf geschoren!

    AntwortenLöschen
  3. Hallo Rasmus, habe gerade an dich gedacht. Bei mir ist es mollig warm.
    Grüße aus Solingen.
    Sigi

    AntwortenLöschen
  4. Tach Rasmus!

    Junge, was machste denn für Sachen? Du bist ja ein verrückter Hahn!
    Ich verfolge mittlerweile mit großem Interessen deinen wirklich kurzweiligen Blog und kann die nächste Folge kaum erwarten - wann kommt sie?
    Werde übrigens morgen deiner Familie eine Stippvisite abstatten.
    Grüße nach Berlin und weiterhin viel Freude,
    der Onkel Clemens ;-)

    AntwortenLöschen